Grundwissen Deutsch Ii/III : Grundbegriffe Literatur- und Sprachbetrachtung

Lyrik

Herkunft griech: lyrikos = zum Spiel der Lyra gehörend
Kurzdefinition eine der drei literarischen Gattungen (Drama/Dramatik, Epik). Die Lyrik wird h�ufig als die subjektivste Art der Dichtung bezeichnet, da lyrische Texte in besonderem Ma� Ausdruck der Empfindungen des Dichters darstellen. Vielfach wird die Lyrik auch als die Urform der Dichtkunst �berhaupt gesehen. Sie gilt als besonders sensible Form von Literatur.
Beschreibung Kennzeichnende Elemente:
traditionellerweise: Bild, Metrum, Reim, Rhythmus, Strophe u. a.
Diese Merkmale werden heute teilweise in Frage gestellt, da die Gattungsgrenzen flie�end geworden sind. Erkennbare Formprinzipien werden allerdings weitgehend anerkannt
 

Lyrisch (das Lyrische) bezeichnet - unabh�ngig von den drei Gattungen - eine bildhafte, teilweise an die Musik gebundene (vgl. Lyra = Leier) Sprache. Im Unterschied zu den anderen Gattungen ist der Dichter im lyrischen Text (in unterschiedlicher Intensit�t) sp�rbar: Eine besonders enge Verbindung wird hergestellt, wenn das Gedicht in der Ich-Form verfasst ist. Das dann deutlich werdende lyrische Ich kann, muss aber nicht mit dem Dichter identisch sein.

Die historische Entwicklung weist - stark vereinfacht - folgende Schwerpunkte auf:*)

Antike
Epos und gesungenes Lied in der griechischen Antike. Zauberspr�che - Texte beschw�renden Charakters - Kriegslieder - Bitt- und Kultges�nge - Hymnen - Oden (z. B.: Pindar, Sappho). Teilweise �bernahme der griechischen Formen durch die R�mer (z. B. Catull, Properz, Vergil, Horaz, Ovid). Heidnische Volkslieder (u. a. bei den Germanen, Kelten und Romanen).

Mittelalter*

Weiterf�hrung der antiken Tradition - Einfluss der (kl�sterlichen) Schulen (z. B. Fulda: Hrabanus Maurus) - geistliche Ges�nge (Sequenzen, Hymnen) - Lehrgedichte - Vagantenlyrik (Trink-, Liebes- und Naturlieder) - Texte politischen Inhalts.

*) Die Gliederung folgt Ulrich Kleins Beitrag "Lyrik" im Handlexikon zur Literaturwissen- schaft, hrsg. v. D. Kryvvalski, M�nchen, Ehrenwirth 1974, S. 292-299

Im Hochmittelalter Minnelyrik (z. B. Walther v. d. Vogelweide, Gottfried v. Stra�burg, Wolfram v. Eschenbach, Hartmann v. Aue, Heinrich v. Veldecke, Dietmar v. Aist) und politische Spruchdichtung

Inhaltliche Ver�nderungen nach 1230:
Klage um den Verfall, Satire, Ironie (z. B. U. v. Lichtenstein, Neidhart v. Reuental) - Realistische Z�ge im Sp�tmittelalter - Beeinflussung durch religi�se Gegebenheiten (Bettelorden, Mystik).

16. und 17. Jahrhundert Gelehrtendichtung des Humanismus - Religi�se und gesellschaftlich orientierte Lyrik im Barock - Diesseitsfreude und Bewusstsein von der Verg�nglichkeit (z. B. Weckherlin, Opitz, Fleming, Harsd�rffer, Gryphius). 18. Jahrhundert B�rgerliche gelehrte Poesie: Formen u. a.: - Philosophische Lehrgedichte (z. B. Brockes, Hagedorn) - Gesellschaftsdichtung (z. B. Hagedorn, Jacobi, Goethe) - Oden, Elegien, Lieder (z. B. Schlegel, Klopstock, Goethe)
Fabeln (z. B. Gellert) - Gedankenlyrik (z. B. Goethe, Schiller, H�lderlin) - Polit. Lyrik (z. B. Schubart, "G�ttinger Hain"

 

19.Jahrhundert

Unterschiedliche Auspr�gungen in der Romantik:
- geheimnisvoll - religi�s - naturbetont - gef�hlsbetont
- Hymnen
- Volksliedsammlungen
- Naturlyrik (z. B. Eichendorff)
- Romanzen (z. B. Schlegel, Brentano, Tieck)

Eine eigene Auspr�gung erf�hrt die Lyrik im Biedermeier: Wendung nach innen, Betonung der Idylle (z. B. M�rike, Droste-H�lshoff).
Politische Lyrik des Jungen Deutschland (z. B. Heine, Herwegh, Freili- grath). Unterschiedliche Themen und Formen in der Lyrik des Realismus: vom Humoristischen �ber Stimmungslyrik bis zu sozialkritischen Texten (Vertreter: z. B. G. Keller, Th. Storm, C. F. Meyer) Zunehmende Sozialkritik im Naturalismus: Einfluss von Naturwissenschaft und Technik, Arbeiterbewegung und Gro�stadt (Vertreter: z. B. A. Holz, Conradi, D. Liliencron).

Der Symbolismus leitet �ber zur Lyrik des 20. Jh.s Das lyrische Schaffen in Deutschland wird wesentlich beeinflusst von den Franzosen Baudelaire, Verlaine, Mallarm�, Rimbaud u. a.

20. Jahrhundert

Im Expressionismus werden u. a. Vorahnung und Erfahrung des 1. Weltkriegs thematisiert, daneben bestehende Elemente fortgef�hrt. Die Palette lyrischer Texte ist vielf�ltig: Experimente, Zukunftsvisionen, Ausdruck von Angst und Schrecken, Melancholisches (Vertreter: z. B. G. Britting, G. Trakl, G. Heym, E. Lasker-Sch�ler). Etwa nach 1920-30 wird ein st�rkerer Realismus in der Lyrik sp�rbar (z. B. in den Gedichten B. Brechts). In der Zeit zwischen 1933 und 1945 dominiert die Blut-und-Boden-Poesie des Nationalsozialismus.

Die Entwicklung der Lyrik nach 1945 l�sst sich schlagwortartig wie folgt beschreiben:
- Ruinen- und Kahlschlaglyrik (z. B. G. Eich, W. D. Schnurre)
- Sozialkritischer Protest (z. B. H. M. Enzensberger)
- "Hermetische" Lyrik (z. B. G. Benn, 1. Bachmann, P. Celan)
- Konkrete Poesie (z. B. E. Gomringer)
- Naturlyrik (z. B. G. Eich)
- Agitprop

Vgl. auch Grundwissen Literaturgeschichte !